Die Handschrift von Wolodymyr Selenskyj

Auffallend in der Handschrift Selenskyjs ist der große Unterschied zwischen der Textschrift und der Unterschrift. In der Textschrift zeigt der Schreiber seine Persönlichkeit, sein Inneres. In der Unterschrift dagegen zeigt sich, wie er nach außen erscheinen möchte. Eine sehr starke Differenz zwischen beiden weist darauf hin, dass das Innere und das Äußere nicht kongruent sind, Wunsch und Wirklichkeit, Sein und Schein stark auseinanderklaffen. Umgekehrt lässt die Übereinstimmung von beiden die relative Geschlossenheit bzw. Einheitlichkeit der Person als Interpretation zu. Je unleserlicher und „hingeschmierter“ die Unterschrift ist, desto mehr lässt sich bei diesem Menschen die Einstellung vermuten, dass er keinen Wert darauf legt, von seiner Umwelt verstanden zu werden. Auch liegt, je nach Grad der Abweichung, die Interpretation nahe, dass er sich aus unbewussten oder bewussten Motiven gegenüber der Außenwelt verstellt. 

Handschrift von Die Handschrift von Wolodymyr Selenskyj
Quelle: Der Spiegel

Dieses Phänomen zeigt sich sehr schön in Selenskyjs Schriftprobe: Die stark an der Schulvorlage orientierte und sehr gut leserliche Textschrift ist einerseits eng, versehen mit einer kontrollierten Bewegungsführung und gestützten Winkeln sowie Winkeln A und B gemäß Moretti, starkem Druck und in einem kräftig, straff geführten Strich geschrieben. Die Unterschrift andererseits ist druckschwach, unleserlich, weit, unkontrolliert ausfahrend, schwungvoll und mit einem weitaus weniger kräftigen Strich geschrieben.

Über Zuschriften von Selenskyjs russischer bzw. ukrainischer Handschrift freut sich die Redaktion. Vielleicht ergeben sich neue Erkenntnisse. Möglicherweise ist seine muttersprachliche Textschrift seiner Unterschrift ähnlicher.

Wolodymyr Selenskyjs handschriftlicher Eintrag im Gästebuch
Quelle: Der Spiegel

Aufgrund des vorhandenen, nicht ausreichenden Materials kann man diese Auswertung vornehmen. Weitere Erkenntnisse glichen aufgrund des unzureichenden Materials eher den Künsten eines Feuerschluckers wie Oskar Lockowandt es einmal der Presse gegenüber formulierte.

Übrigens: Ein Vergleich mit der Handschrift des russischen Präsidenten Wladimir Putin möge der interessierte Leser selbst vornehmen.